Bern, 24.04.2013 – Erwerbstätige aus den EU-Staaten haben in den nächsten 12 Monaten nur beschränkt Zugang zum Schweizer Arbeitsmarkt. Der Bundesrat hat heute beschlossen, die im Freizügigkeitsabkommen vorgesehene Ventilklausel in Anspruch zu nehmen. Die Kontingentierung betrifft die Aufenthaltsbewilligungen B für Staatsangehörige der EU-17 – sofern Ende Mai die Voraussetzungen dafür gegeben sind – sowie der EU-8.
Die Schweiz ist attraktiv – fast zu attraktiv
Die Schweiz ist attraktiv für Migrantinnen und Migranten. Fast zu attraktiv: In den letzten Jahren lag die Zahl der ausländischen Einwanderer jährlich um rund 60000 bis 80000 über jener der Auswanderer. Diese anhaltend hohe Zuwanderung hat positive wie negative Auswirkungen – beispielsweise auf die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt, auf die Sozialversicherungen, aber auch auf die Raumplanung, den Wohnungsmarkt und die Infrastruktur, wie vor allem den Strassen und dem öffentlichen Verkehr.
Ausländeranteil von über 23 Prozent
Die Schweiz hat einen Ausländeranteil von über 23 Prozent – im Vergleich zu Frankreich mit 5,6%, Italien mit 5,8% und Detuschlan dmit 8,9% (Zahlen 2011). Die Anzahl der Einwohner in der kleinen Schweiz wächst und wächst, obwohl der Anteil der Schweizer seit Jahren stagniert. Der Zuwachs kommt fast ausschliesslich durch Zuwanderung zustande.
Der Bundesrat beschäftigte sich heute deshalb mit der Frage, wie die negativen Folgen aufzufangen seien. Er kam zum Schluss, dass die Ventilklausel als eine Massnahme unter vielen anderen dazu beitragen soll, die Zuwanderung wirtschafts- und gesellschaftsverträglich zu gestalten.
Zuwanderung gesellschaftsverträglich gestalten
Auch um den sozialen Frieden der eigenen Bevölkerung zu bewahren wird per 1. Mai 2013 deshalb die Kontingentierung der B-Bewilligungen (Aufenthaltsbewilligungen von fünf Jahren Dauer) für Angehörige der osteuropäischen EU-8-Staaten [1] fortgesetzt. Sie wird gleichzeitig auch auf B-Bewilligungen für Erwerbstätige aus EU-17-Staaten [2] ausgedehnt. Die Kontingentierung auf rund 2180 B-Bewilligungen für die EU-8-Staaten sowie rund 53‘700 B-Bewilligungen für die EU-17-Staaten wird während eines Jahres gelten.
Der Bundesrat verzichtet hingegen auf eine Beschränkung der Kurzaufenthaltsbewilligungen L für Erwerbstätige aus EU-8- und EU-17-Staaten (Kurzaufenthaltsbewilligungen bis zu einem Jahr). Die nötigen Schwellenwerte für die L-Bewilligungen sind für die EU-8 erreicht, für die EU-17 dürften sie per Ende Mai jedoch nicht erreicht werden.
Die im Freizügigkeitsabkommen (FZA) vorgesehene Ventilklausel erlaubt es der Schweiz, bis längstens am 31. Mai 2014 einseitig wieder Kontingente einzuführen. Bedingung hierfür ist, dass die Anzahl der ausgestellten Aufenthaltsbewilligungen an Erwerbstätige aus den EU-Staaten in einem Jahr um mindestens 10 Prozent über dem Durchschnitt der vorangegangenen drei Jahre liegt. Jede Kategorie wird einzeln berechnet.
Auch langfristige Massnahmen notwendig
Der Bundesrat ist sich bewusst, dass das Instrument der Ventilklausel nur kurzfristig wirken kann und weitere langfristig wirkende Massnahmen notwendig sind. Deshalb wurden im letzten Jahr die flankierenden Massnahmen gegen Lohndumping verschärft (beispielsweise bei der Scheinselbständigkeit oder mittels der Solidarhaftung von Erstunternehmern).
Weiterhin gilt es, Missbräuche im Bereich des Ausländerrechts und der sozialen Sicherheit konsequent zu bekämpfen. Auch im Bereich der Raumplanung, des günstigen Wohnungsbaus sowie bei der Infrastruktur müssen Bund, Kantone und Gemeinden mit gemeinsamen Projekten dafür sorgen, dass die für die Wirtschaft willkommene Zuwanderung auch gesellschaftsverträglich ist.
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[1] Die EU-8 umfasst die Staaten Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik und Ungarn.
[2] EU-17 steht für die west- und südeuropäischen Staaten Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Spanien, das Vereinigte Königreich und Zypern.
Quelle: Der Bundesrat
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