Konjunkturprognosen der Expertengruppe des Bundes – Sommer 2016: Die konjunkturelle Entwicklung in den Industriestaaten ist momentan durch moderate Wachstumsraten charakterisiert. Während das BIP im 1. Quartal in den USA nur schwach gewachsen ist, hat das Wachstum im Euroraum positiv überrascht. Für die Schwellenländer wird zum fünften Mal in Folge ein schwächeres Wachstum für 2016 prognostiziert. Verschiedene Konjunkturindikatoren deuten für dieses und nächstes Jahr auf eine verhalten positive Entwicklung der Weltwirtschaft hin.
Beschäftigung dürfte leicht zunehmen
Die Gefahr einer anhaltend negativen Preisentwicklung hat sich in den letzten Monaten in verschiedenen Ländern leicht reduziert. Die Schweizer Wirtschaft dürfte in dieser positiven, aber noch fragilen Umgebung 2016 im Jahresdurchschnitt um 1,4% wachsen; für 2017 wird ein reales Wachstum von 1,8% erwartet. In den kommenden Monaten wird die Arbeitslosigkeit weiterhin leicht ansteigen (Jahresdurchschnitt 2016: 3,6%, 2017: 3,5%). Bis Ende Jahr dürfte die Beschäftigung leicht zunehmen (+0,4% im Jahresdurchschnitt). Zwischen Juni und März 2016 finden sich demzufolge keine wesentlichen Änderungen in den BIP- und Arbeitsmarktprognosen.
Internationale Konjunktur
Die konjunkturelle Lage der Weltwirtschaft ist immer noch durch moderate Wachstumsraten charakterisiert. Das durchwachsene internationale Konjunkturbild schlägt sich in den Wachstumszahlen für das 1. Quartal 2016 nieder. Während das BIP im Euroraum gegenüber dem Vorquartal um 0,6% gewachsen ist und somit eine leichte Beschleunigung der Erholung bestätigt, hat sich die Wachstumsdynamik in den USA zum dritten Mal in Folge abgeschwächt (0,2%). In Japan war das Wachstum positiv (0,5%) nach einem Rückgang im 4. Quartal 2015. In China liegen die letzten veröffentlichen BIP-Wachstumsraten sowie die Prognosen für 2016 und 2017 unter 7% (Wachstumsraten im Vorjahresvergleich).
Kurzfristig bleiben die Wachstumsaussichten für die Industrieländer und die wichtigsten Schwellenländer verhalten und sind durch viele Unsicherheiten und Risiken geprägt. Die Möglichkeit eines Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU und die Unklarheit bezüglich der zeitigen Umsetzung nötiger Strukturreformen in Südeuropa hielten die Verunsicherung auf den Finanzmärkten insbesondere im 1. Quartal 2016 aufrecht. Von den Schwellenländern kamen bis Mai 2016 schwache Wachstumsraten, da diese unter den anhaltend tiefen Rohstoffpreisen leiden und hausgemachte strukturelle Probleme die Wirtschaftsleistung zusätzlich belasten. Die anhaltend tiefen Rohstoffpreise drücken auf die wirtschaftliche Entwicklung wichtiger Schwellenländer, was indirekt das Wirtschaftswachstum in den Industrienationen zusätzlich hemmt. Einige positive Signale kommen von den verfügbaren Indikatoren für die Weltkonjunktur, die nach einer Verschlechterung im zweiten Halbjahr 2015 für die ersten zwei Quartale 2016 eine leichte Erholung andeuten.
Konjunkturlage und -prognosen für die Schweiz
Die Schweizer Konjunktur steht seit einigen Monaten unter verschiedenen teils entgegengesetzten Einflüssen. Auf der einen Seite zeichnet sich in verschiedenen europäischen Ländern eine Erholung des Wachstums ab, was positive Auswirkungen auf den Schweizer Aussenhandel hat. Auf der anderen Seite verhindert die vor allem aufgrund des geringeren Wachstums in den Schwellenländern abgeschwächte Dynamik des Welthandels, dass die Schweizer Handelsbilanz stärkere Wachstumsimpulse liefert.
Auch in Bezug auf die verschiedenen Industriezweige lassen sich entgegengesetzte Tendenzen beobachten. Während das Wachstum der Pharmaindustrie auch in den heftigsten Phasen der Finanz- und Wirtschaftskrise nie wirklich zum Stillstand kam, erging es vielen anderen Branchen deutlich schlechter: Teilweise lag ihr Produktionsniveau 2016 tiefer als noch vor der Krise von 2008–2009. Diese Heterogenität bei der relativen Entwicklung der einzelnen Tätigkeitsbranchen ist für die Erholung der Schweizer Wirtschaft seit 2009 kennzeichnend.
Expert erwarten 2016 und 2017 moderate Verbesserung der Wirtschaftslage
Vor dem Hintergrund eines noch wenig dynamischen weltweiten Wachstums hält die Expertengruppe des Bundes an ihrer bisherigen Wachstumsprognose für das Schweizer BIP fest und erwartet sowohl für 2016 als auch für 2017 eine moderate Verbesserung der Wirtschaftslage. Die Expertengruppe rechnet weiterhin mit einem realen BIP-Wachstum von 1,4% für 2016 und 1,8% für 2017 (gleiche Prognosen wie im März 2016). Die Inflation und der BIP-Deflator dürften im 2016 bei -0,4% liegen. Für 2017 erwartet die Expertengruppe eine Inflation von 0,3% und eine Zunahme des BIP-Deflators um 0,2%. Das nominelle BIP-Wachstum der Schweiz sollte demzufolge 1% im 2016 und 2% im 2017 betragen. Auf dem Arbeitsmarkt wird für 2016 eine durchschnittliche Jahresarbeitslosenquote von 3,6% und für 2017 von 3,5% erwartet. Im Schnitt dürfte es 2016 zu einer leichten Beschäftigungszunahme kommen (+0,4% im Vergleich zum Vorjahresdurchschnitt für die vollzeitäquivalente Beschäftigung) und für 2017 ist mit einer Zunahme von +0,6% zu rechnen (gleiche Prognosen wie im März 2016).
Aufwärtstrends werden beibehalten – Brexit sorgt für Spannung
Die in Bezug auf die Wirtschaftssektoren sehr heterogene Entwicklung der letzten Jahre verhindert bisher einen kräftigeren Aufschwung der Schweizer Wirtschaft. Unsicherheiten bestehen für den Rest des Jahres 2016 sowie für 2017 hinsichtlich der möglichen Erholung in den Sektoren, die in den letzten Jahren stark unter der schwachen europäischen Konjunktur und der Frankenstärke gelitten haben. Sektoren, die in letzter Zeit bereits einen deutlichen Zuwachs verzeichneten, dürften ihren Aufwärtstrend im Prognosezeitraum grundsätzlich beibehalten.
Das Resultat der Abstimmung vom 23. Juni 2016 zur Zukunft des Vereinigten Königreichs in der EU (Brexit) ist ebenfalls ein Risikofaktor. Ein Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU mit noch unklaren Modalitäten hätte Auswirkungen sowohl auf verschiedene Wechselkurse und andere Finanzmarktvariablen, als auch auf die Unternehmensinvestitionen und möglicherweise auf den Welthandel.
Quelle: SECO Staatsekretariat für Wirtschaft