Changins, 13.12.2010 – Seit dem Jahr 1996 haben europaweit neue pflanzliche Proteinquellen, u.a. Futtermittel auf Soja-Basis, in der Nutztier-Fütterung Einzug gehalten. Rohsoja enthält jedoch einen temperaturempfindlichen Hemmstoff, der die Fähigkeit der Tiere einschränkt, die Proteine der Bohne zu nutzen. Kürzlich haben Forscher der Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW mit Hilfe konventioneller Methoden neue Soja-Sorten gezüchtet, bei denen…
… die Konzentration dieses Hemmstoffs geringer ist: dieser Ansatz ist preiswerter und umweltfreundlicher als die industriellen Verfahren, bei denen der Hemmstoff mittels Erhitzung zerstört wird.
Laut FAO (Food and Agriculture Organisation) bricht die weltweite Sojaproduktion in diesem Jahr einen neuen Rekord. Insgesamt wird die Ernte 258 Millionen Tonnen umfassen, davon sind Dreiviertel gentechnisch verändert. Seit 50 Jahren werden immer mehr Flächen mit dieser Hülsenfrucht bepflanzt. Aus diesem Grund und wegen der ständigen Steigerung des Ertrags ist die Sojaproduktion heute 7,6 Mal höher als vor 50 Jahren. Die Produktion wächst seit dem Jahr 2000, als die Beimischung von Tiermehl und Tierfetten in Nutztier-Futtermittel verboten wurde.
Soja ist eine wichtige Quelle für pflanzliches Protein im Tierfuttermittel. Die Soja-Bohne enthält zwischen 40% bis 50% Proteine und etwa 20% Öl. Bei den Proteine handelt es sich hauptsächlich um Glycinin und Conglycinin. Diese enthalten einen sehr ausgewogenen Anteil an essentiellen Aminosäuren (Aminosäuren, die nicht vom Organismus selbst gebildet werden können und folglich nur durch die Nahrung aufgenommen werden können). Die Ausnahme bilden schwefelhaltige Aminosäuren, etwa Methionin und Cystein, die nur in sehr geringen Konzentrationen in der Sojabohne enthalten sind.
Die Aufnahme von rohen Sojabohnen führt bei Nutztieren, die nicht zu den Wiederkäuern gehören (z.B. Schweine, Geflügel) zu Störungen bei der Proteinverdauung. Dies geschieht, weil gewisse Sojainhaltsstoffe (sogenannte Antiproteasen) zwei eiweissspaltende Enzyme der Bauchspeicheldrüse (Trypsin und Chymotrypsin) hemmen. Im Verdauungstrakt der Tiere reagieren diese Hemmstoffe aus der Sojabohne mit den Verdauungs-Enzymen der Tiere und bilden sehr stabile Verbindungen. So werden die Verdauungsenzyme inaktiviert. Diese Verbindungen werden zudem unverdaut ausgeschieden.
Sind solche Hemmstoffe im Futter vorhanden, sind somit folgende Nachteile für die Nutztiere zu erwarten: eine stark herabgesetzte Verdaulichkeit von Sojaproteinen, ein übermässiges Ausscheiden von Proteinen und folglich ein Mangel an schwefelhaltigen Aminosäuren.
Darüber hinaus können solche Tiere auch krank werden: Weil im Dünndarm zu wenig der besagten Verdauungs-Enzyme in aktiver Form vorhanden sind, kompensiert die Bauchspeicheldrüse den Mangel und produziert immer mehr Trypsin. Mit der Zeit führt dies zu einer krankhaften Vergrösserung der Bauchspeicheldrüse.
Zwei Wege, den Hemmstoff aus dem Soja zu entfernen
Ohne die Hemmstoffe aus Soja werden die Verdauungs-Enzyme Trypsin und Chymotrypsin, die reich an Methionin und Cystein sind, bei der weiteren Verdauung selber in Aminosäuren zersetzt, die nützlich sind für den tierischen Organismus. Daher macht es Sinn, die Hemmstoffe aus dem Nutztier-Futter zu verbannen.
Durch verschiedene industrielle Verfahren, die auf einer Erhitzung der zermahlenen oder nicht zermahlenen Soja-Bohnen basieren, ist es möglich, den Gehalt an Hemmstoffen zu senken. Diese Wärmebehandlungen sind aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht zu vermeiden, da sie teuer sind und viel Energie benötigen. Zudem verhindern sie, dass die Halter Soja direkt ihren Tieren verfüttern können.
Die Sojazüchtungsgruppe von Agroscope ACW seit rund zehn Jahren das gewünschte genetische Merkmal „ohne Trypsin-Hemmstoff“ mittels konventioneller Methoden angestrebt. 2009 sind in einer ersten Versuchsreihe früh- und spätereife Sojasorten daraus hervorgegangen, die dieses Merkmal besitzen. Sollten sich die hervorragenden Ergebnisse 2010 bestätigen, wird eine neue Schweizer Früh-Sojasorte mit hohem Nährwert zur Sortenprüfung im Jahr 2011 vorgeschlagen. Dies wird die Möglichkeiten zur Nutzung dieser wertvollen Kultur erweitern.