Bundesrat will einspurige zweite Gotthardröhre – und keine Tunnelgebühr


Blick von der ausgebauten Gotthardstrasse ins Bedrettotal 

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Bern, 13.09.2013 – Der Bundesrat sieht in seiner Botschaft von heute am Gotthard den Bau einer zweiten Tunnelröhre vor. Um dem Alpenschutzartikel gerecht zu werden und nicht mehr Strassenverkehr als heute durch die Alpen zu schleusen, sollen die beiden zukünftigen Gotthard-Röhren aber nur einspurig befahren werden. Der Bundesrat möchte zudem, dass die Schweizer das ganze Bauwerk bezahlen müssen. Das Volk wird schlussendlich an der Urne darüber abstimmen können.

Schweizer sollen zweite Gotthardröhre aus dem eigenen Sack bezahlen

Der Bundesrat zeigte sich heute spendabel gegenüber dem Ausland, und will auf die Einführung einer Tunnelgebühr komplett verzichten, die Schweizer Steuerzahlen sollen das Jahrhundertwerk zweite Gotthardröhre stattdessen bezahlen.

Der Bundesrat meint dazu: „Auf eine Tunnelgebühr am Gotthard wird verzichtet. Dadurch kann eine Ungleichbehandlung der Anwohnerinnen und Anwohner verhindert und Ausweichverkehr vermieden werden. Der Bundesrat möchte, dass die Benutzung öffentlicher Strassen grundsätzlich gebührenfrei bleibt.“ Gebührenfreie Schweizer Strassen? Wird dann die Autobahn-Vignette wieder abgeschafft, oder ist das keine Gebühr?

In Zeiten, in denen Deutschland offen über die Einführung einer Autobahn-Gebühr nur für Ausländer diskutiert, und bei der Durchfahrt durch den Österreichischen Brenner-Tunnel von jedermann seit Jahrzehnten Gebühren bezahlt werden, ist es unverständlich, dass ein so grosses Tunnelbauwerk von Europäischer Bedeutung, gemeisselt durch den brettharten Gotthard-Granit, alleine von den paar Schweizer Steuerzahler bezahlt und dem grossen Europa geschenkt werden soll.

Zudem könnte eine Tunnelgebühr auch den ein oder anderen Privaten und Unternehmer dazu bringen, zu überlegen, ob seine Fahrt oder sein Transport durch den Gotthardtunnel wirklich nötig ist und nicht näher erledigt werden kann. 

Während Bauarbeiten Autos und LKWs verladen

Nach eingehender Prüfung verschiedener Varianten hatte sich ja der Bundesrat im Juni 2012 für den Neubau einer zweiten Tunnelröhre mit anschliessender Sanierung der bestehenden Röhre ohne Kapazitätserweiterung entschieden. 

Eine Variante wäre aber auch, dass während der Sanierung des Gotthardtunnels Autos und Lastwagen komplett auf die Bahn verladen werden. Oder die LKWs verladen und die Autos oben über die ausgebaute Gotthardstrasse über den Pass fahren – und gleich noch etwas von der herrlichen Schweiz sehen! Und dann ist ja auch noch der St. Bernardino Tunnel und da ist ja auch noch Österreich und Frankreich. Eine zweite Tunnelröhre ist also nicht die einzige Lösung, damit die europäische Nord-Süd-Achse weiter fleissig als Lastesel und Ferienpfad benutzt werden kann.

Richtungsgetrennte Tunnel mit Pannenstreifen

Nach der Sanierung darf nach dem Willen des Bundesrates jeweils nur je eine Fahrspur pro Richtung für den Verkehr offen sein, die andere dient als Pannenstreifen. Diese Beschränkung wird gesetzlich verankert. Der Bundesrat schlägt in der heute verabschiedeten Botschaft an das Parlament konkret vor, das Bundesgesetz über den Strassentransitverkehr im Alpengebiet (STVG) mit einem neuen Artikel zu ergänzen. Damit wird klargestellt, dass auch ein temporärer Betrieb von mehr Fahrspuren – zum Beispiel in der Ferienzeit – verboten bleibt. Die Verfassungsmässigkeit (Alpenschutzartikel) bleibt somit gewahrt.

Der Bundesrat will darüber hinaus das nach der Brandkatastrophe von 2001 eingeführte Dosiersystem für Lastwagen gesetzlich verankern („Tropfenzähler“). Es sorgt dafür, dass nie zu viele Lastwagen gleichzeitig im Tunnel unterwegs sind und die Lastwagen untereinander einen Mindestabstand einhalten. Damit kann die Sicherheit erhöht werden. Die gesetzliche Verankerung schafft die Grundlage, um das Dosiersystem weiterzuführen.

Mehrheit dafür

Die Kantone haben sich in der Vernehmlassung mehrheitlich für die vom Bundesrat vorgeschlagene Lösung zur Sanierung des Gotthard-Strassentunnels ausgesprochen. Bei den Parteien, Verbänden und Organisationen war eine knappe Mehrheit dafür. Die für die Schweiz und Europa wichtige Gotthard-Verbindung bleibt auch während der Sanierungszeit offen. Das wäre sie aber auch beim Verladen der LKWs und Autos oder bei der Fahrt über die Passstrasse der Autos.

Für eine zweite Tunellröhre spricht aber eindeutig die Sicherheit: Die Sicherheit kann erhöht werden. Wenn beide Tunnelröhren in Betrieb sind, gibt es dort keinen Gegenverkehr mehr. Dadurch kann die Gefahr von Frontal- und Streifkollisionen gebannt werden. Das Vorhandenseins eines Pannenstreifens nimmt einem auch etwas die Angst vor einer eventuellen Panne im Tunnel.

Zweite Tunnelröhre als Geschenk für die nächsten Generationen

Nach Abschluss der Arbeiten steht auf der Gotthardroute überdies ein redundantes System zur Verfügung. Das ist wichtig, um deren Funktionalität zu sichern. Heute führen Unfälle oder grosse Unterhaltsarbeiten meist zu einer temporären Schliessung des Strassentunnels. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Variante ermöglicht es späteren Generationen zudem, die alle 30 bis 40 Jahre nötigen Erhaltungsarbeiten ohne Vollsperrung des Gotthardtunnels durchzuführen. Der Bundesrat hält den Bau einer zweiten Röhre mit anschliessender Sanierung des bestehenden Tunnels daher auch aus finanziellen Gründen für die langfristig sinnvollste Lösung.

Volk wird abstimmen können

Da verschiedene Kreise bereits das Referendum zur Vorlage des Bundesrats angekündigt haben, wird schlussendlich das Schweizer Volk über einen zweiten Tunnel durch den Gotthard entscheiden können, und vielleicht auch separat über dessen Finanzierung, ob die Schweizer wirklich das Bauwerk für Europa aus der eigenen Tasche bezahlen möchten.

 

Quelle: Der Bundesrat
Bild: cc-Adrian_Michael-Wikipedia

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