Schweizer Ingenieure entwickeln 2025 neue Hängebrücke aus Carbon

Hängebrücke aus Carbon der EMPA Schweiz © Volker Emersleben DBAG

Die mehrfach prämierte Brücke über die Oder bei Küstrin in Deutschland wird von einem Netzwerkbogen mit vorgespannten Carbon-Seilen getragen. Diese ultraleichten und zugleich extrem stabilen Seile aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK) wurden massgeblich an der Schweizer EMPA entwickelt, und getestet. Zukünftig können die Züge mit 120 Sachen über die Hängebrücke rattern.

88 Carbon-Seile halten die Hängebrücke

Ein Stahlbogen mit 130 Metern Spannweite trägt die neue Grenzbrücke bei Küstrin. 88 Carbon-Hänger stabilisieren die filigrane Konstruktion über der Oder. Weltweit erstmals kamen solche Zugglieder aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK) bei einer Eisenbahnbrücke zum Einsatz – entwickelt vom Schweizer „Carbo-Link“, einem Spin-Off der EMPA, der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt.

Gleich zwei Auszeichnungen für die neue EMPA-Brücke

Ebenfalls hat die EMPA die neue Konstruktion getestet und begutachtet. Der neuartige Werkstoff ermöglicht eine besonders materialeffiziente Bauweise. Für diese wegweisende Konstruktion wurde die Brücke gleich doppelt ausgezeichnet – mit dem britischen «Bridges International Award» und dem Deutschen Brückenbaupreis.

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Leichter Carbon statt tonnenschwerem Stahl

Die Küstriner Oderbrücke gilt laut der Jury des Deutschen Brückenbau Preises als ingenieurtechnisches Meisterwerk. Die 88 Carbon-Hänger reduzieren das Eigengewicht im Vergleich zu herkömmlichen Flachstahlhängern erheblich. Denn CFK bietet eine hohe Zugfestigkeit und eine bessere Ermüdungsfestigkeit als Stahl – bei gleichzeitig deutlich geringerem Gewicht. Das eröffnet neue gestalterische Freiheiten, wie das luftige, transparente Erscheinungsbild der Oderbrücke eindrucksvoll zeigt.

Dank leichtem Carbon 500 Tonnen Stahl und 1350 Tonnen Eisenbeton gespart

Zudem senkt die Materialeinsparung die Baukosten und reduziert langfristig den Wartungsaufwand. Insgesamt konnten durch den Einsatz der CFK-Hänger rund 500 Tonnen Stahl und 1350 Tonnen Stahlbeton im Gesamttragwerk der Brücke eingespart werden.

Züge donnern künftig mit 120 Km/h über die Hängebrücke

Die Eisenbahnbrücke über die Oder ist eine zweigleisige Netzwerkbogenbrücke, ausgestattet mit vorgespannten CFK-Hängern. Zwar kamen solche Carbon-Seile bereits bei einer anderen Brücke zum Einsatz, doch hier wurden sie weltweit erstmals für den schweren Eisenbahngüterverkehr eingesetzt. Züge können das Bauwerk nun mit bis zu 120 Kilometern pro Stunde passieren – was umfangreiche Tests und aufwendige Genehmigungsverfahren erforderte.

Laut Lorenz Haspel, dem zuständigen Projektleiter beim Ingenieurbüro schlaich bergermann partner, wäre diese Carbon-Brücke ohne die Empa nicht realisierbar gewesen. Die neuartigen CFK-Hänger stammen vom EMPA-Spin-off Carbo-Link in Fehraltorf und wurden nun bereits zum zweiten Mal bei einer Netzwerkbogenbrücke verbaut. «Bei der Stadtbahnbrücke in Stuttgart haben wir solche Carbon-Seile erstmals als hoch beanspruchte Zugglieder in einem Netzwerkbogen eingesetzt», so Haspel.

Wir haben damit die Basis geschaffen für eine neue Generation filigraner Netzwerkbogenbrücken mit Carbon-Hänger als tragende Elemente.

Giovanni Terrasi, Leiter Abteilung «Mechanical Systems Engineering» der EMPA

Aufwändige Haltbarkeits-Test für die neue Carbon-Brücke

Die Ermüdungsversuche für die Oderbrücke führte grösstenteils ein Team der EMPA-Abteilung «Structural Engineering» in der Bauhalle der Empa durch – und bestätigten dabei die nötige Dauerfestigkeit des neuartigen CFK-Materials. Die EMPA-Abteilung «Mechanical Systems Engineering», erstellte zudem das technische Gutachten für die nun ausgezeichnete Brücke.

«Damit haben wir die Basis geschaffen für eine neue Generation filigraner Netzwerkbogenbrücken mit Carbon-Hänger als tragende Elemente», ist Giovanni Terrasi, Leiter der EMPA-Abteilung «Mechanical Systems Engineering», überzeugt.

Quelle: Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt EMPA „Empa-Innovation im Brückenbau: Ausgezeichnete Eisenbahnbrücke dank Schweizer Carbon-Seilen“
Titelbild: © DBAG Deutsche Bahn AG, Volker Emersleben
Bild2: © EMPA