Bern, 17.08.2011 – Der Bundesrat will zwei Milliarden Franken einsetzen für eine temporäre Kostenreduktion, eine Stärkung der Innovationskraft und eine gezielte Verbesserung der langfristigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Schweiz. Massnahmen in den Bereichen Exportwirtschaft, Tourismus, Innovation, Forschung, Infrastrukturen und zugunsten der Konsumenten werden geprüft und rasch konkretisiert. Mit einer Änderung der Eigenmittelverordnung will der Bundesrat zudem gegen die Überhitzung im Hypothekarsektor antreten.
Das EVD wurde beauftragt, dem Bundesrat eine Revision des Kartellgesetzes vorzuschlagen. Die für die Umsetzung des Massnahmenpakets erforderlichen Mittel sollen mit einem separaten Budgetnachtrag 2011 bereitgestellt werden.
Der Bundesrat ist sich bewusst, dass es sich bei der Summe von 2 Milliarden Franken, die er für die Abfederung der Frankenstärke und die Stützung der Schweizer Wirtschaft einsetzen will, um einen sehr hohen Betrag handelt. Es geht ihm darum, die besonders von der schlechten Wechselkurssituation betroffenen Sektoren zu stärken und der Abwanderung von Arbeitsplätzen ins Ausland vorzubeugen. Er hat an seiner Sitzung in Siders von der erneuten Intervention der Schweizerischen Nationalbank Kenntnis genommen und unterstützt die Zielsetzung der Nationalbank, der Überbewertung des Schweizer Frankens entgegenzuwirken.
Um den Wettbewerb in der Schweiz zu stärken, will der Bundesrat eine Kartellgesetzrevision in die Wege leiten, welche horizontale Preis-, Mengen- und Gebietsabreden sowie vertikale Preisbindungen und Gebietsabschottungen per Gesetz wirkungsvoller unterbindet. Für die intensivierte Durchsetzung des Kartellgesetzes in seiner heutigen Form erhält die Wettbewerbskommission WEKO während zwei Jahren vier zusätzliche Stellen. Das gleiche gilt für die Preisüberwachung, die in den nächsten Monaten neben dem Ausbau der angestammten Tätigkeitsbereiche vermehrt das Gespräch mit Herstellern und Händlern suchen muss, damit die Wechselkursvorteile weitergegeben werden.
Der Bundesrat wird dem Parlament im Hinblick auf die Herbstsession ein Massnahmenpaket zur Unterstützung der von der Frankenstärke getroffenen Unternehmen unterbreiten. Dieses wird Massnahmen für eine temporäre Kostenreduktion, eine Stärkung der Innovationskraft und eine gezielte Verbesserung der langfristigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Schweiz enthalten. Vorbereitet wird das Paket von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung des SECO, die speziell zu diesem Zweck eingesetzt wird.
Handlungsspielraum dank Überschuss
Zur Finanzierung des zu schnürenden Massnahmenpakets soll ein Teil des absehbar guten Rechnungsergebnisses 2011 eingesetzt werden. Der Bundesrat hat Kenntnis genommen von den Resultaten der aktuellen Hochrechnung für das laufende Jahr. Basierend auf den Schätzungen per Ende Juni ist statt mit einem Defizit von 0,6 Mrd. mit einem Überschuss von rund 2,5 Mrd. Franken zu rechnen. Der Bundesrat will die Mittel strikte auf einen Maximalbetrag von 2 Mrd. Franken begrenzen. Einen höheren Anteil des geschätzten strukturellen Überschusses einzusetzen, wäre nach Überzeugung des Bundesrats angesichts der noch verbleibenden Unsicherheit bei der Hochrechnung unvorsichtig. Zudem nehmen die wirtschaftlichen Risiken für die nähere Zukunft zu. Der Rest des Überschusses soll daher zum Abbau der Verschuldung eingesetzt werden, um die Widerstandsfähigkeit des Bundeshaushalts zu stärken.
Die erforderlichen Mittel sollen schwergewichtig über einen separaten Nachtrag zum Budget 2011 bereit gestellt werden. Dieser wäre dem Parlament so zu unterbreiten, dass er in der Herbstsession 2011 behandelt werden könnte. Ein Teil dieser Mittel wird vermutlich auf das nächste Jahr übertragen.
Massnahmen im Hypothekarbereich
Als Folge der vorteilhaften Zinssituation ist bei den Schweizer Banken eine erhöhte Kreditvergabe für Wohnimmobilien festzustellen. Diese Tendenz wird – im Sinne eines ungewollten Nebeneffekts – noch verstärkt durch die aktuellen geldpolitischen Massnahmen der Schweizerischen Nationalbank gegen den starken Franken. Der intensive Wettbewerb hat zudem dazu geführt, dass die Banken die Tragbarkeits- und Belehnungsbestimmungen teilweise wieder weniger streng handhaben.
Mit strengeren Vorgaben für die Eigenmittelunterlegung soll dieser Entwicklung entgegengewirkt werden. Per 1. Januar 2012 sollen Hypothekarforderungen, die über die üblichen Belehnungs- und Tragbarkeitsnormen hinausgehen, durch die Banken zusätzlich mit Eigenmitteln unterlegt werden müssen. Im Zusammenhang mit der Umsetzung der Eigenmittelvorschriften von Basel III soll das EFD zudem die Einführung eines antizylisch wirkenden Kapitalpuffers prüfen. Dieser würde die Banken verpflichten, abhängig von der Entwicklung auf dem Kreditmarkt und zeitlich limitiert zusätzliche Eigenmittel zu halten. Der Kapitalpuffer hat zum Zweck, die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors gegenüber Risiken zu stärken, die in Verbindung mit übermässigem Kreditwachstum z.B. auf dem Schweizer Hypothekar- und Immobilienmarkt stehen. Zudem soll der Puffer einem übermässigen Kreditwachstum entgegenwirken. Bei der Aktivierung und Deaktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers wird neben dem EFD und der FINMA der SNB eine zentrale Rolle zukommen.
Ergänzend zu diesem Massnahmenpaket wird die FINMA ihre intensive Ueberwachung der Durchsetzung der qualitativen Vorgaben bei der Kreditvergabe fortsetzen.