Das Betrachten von schönen Kunstwerken, die einem gefallen, aktiviert nicht nur sensorische Gehirnregionen, sondern setzt einen aussergewöhnlichen Prozess in Gange. Das hat ein internationales Forscher-Team unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik im Zuge der Untersuchung der Hirnaktivität beim Betrachten verschiedener Kunstwerke ermittelt. Wir erklären Ihnen die Hintergründe:
"Default Mode Network" (DMN) im menschlichen Gehirn
Ästhetische Erfahrungen entfalten sich über eine gewisse Zeitspanne hinweg, auch wenn das Kunstwerk dabei unverändert bleibt. Die Ergebnisse der Wissenschaftler legen nahe, dass ein Schlüssel zu dieser Dynamik in der Unterscheidung derjenigen Hirnareale liegt, die einerseits auf die Aussenwelt, andererseits auf unser leben gerichtet sind.
Mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie haben die Expert untersucht, wie das Gehirn reagiert, während Testpersonen Abbildungen von Kunstwerken bis zu 15 Sekunden lang auf Bildschirmen betrachteten. Im Fokus der Forschung stand ein System von Hirnarealen, das als "Default Mode Network" (DMN) bezeichnet wird und reflektierende mentale Prozesse unterstützt – sozusagen das menschliche leben. Das DMN bewirkt, unabhängig von äusseren Reizen zu denken, zum Beispiel in Form von Tagträumen oder Zukunftsplänen.
Bildästhetik aktiviert das DMN
Normalerweise sinkt die DMN-Aktivität, wenn ein Bild betrachtet wird, und sensorische Gehirnregionen werden stattdessen aktiver. Die neue Studie zeigt jedoch Überraschendes, wie Edward Vessel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik erklärt: "Finden wir ein Kunstwerk ästhetisch ansprechend, werden Teile des DMN wieder aktiv, obwohl der Fokus auf der Aussenwelt – dem Kunstwerk – liegt." Ästhetisch ansprechende Kunstwerke aktivieren somit einen aussergewöhnlichen Prozess im menschlichen Gehirn, der sowohl äussere Reize als auch mentale und emotionale Reaktionen verarbeitet.
Originalpublikation
Belfi, A., Vessel, E.A., Brielmann, A., Isik, A.I., Chatterjee, A., Leder, H., Pelli, D. & Starr, G.(2018). Dynamics of aesthetic experience are reflected in the default-mode network. NeuroImage. https://doi.org/10.1016/j.neuroimage.2018.12.017
Quelle: pressetext.redaktion / Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik http://aesthetics.mpg.de