„Verzell kei Märli“ Kolumne des Baselbieter Schriftstellers Claude Lachat


Die HappyTimes-Kolumne des Schriftstellers Claude Lachat

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Verzell kei Märli

In den Niederlanden tobt ein heftiger Streit. Ein Gericht hat erstmals den Rassismusvorwurf gegen die schwarzen Helfer des Nikolauses bestätigt. „Sinterklaas“ lässt sich doch tatsächlich vom „zwarte Piet“ –  einer negativen Stereotypisierung des schwarzen Menschen begleiten. Der Mann ist angemalt! Sowie der Clown im Zirkus oder Barbie im Kinderzimmer. Schaffen wir bald den Schmutzli ab? Grausam was der arme Kerl alles erdulden und vor allem schleppen muss! Den Kindern ist es egal. Er bringt Geschenke.

Wobei auch Hänsel und Gretel unmenschliches erleben. Die Hexe welche Kinder fängt, kocht und verspeist. Solche Schauermärchen erzählen Sie ihren Jüngsten? Haben Sie an die armen Geisslein gedacht, welche vom Wolf verschlungen werden? Tierschützer, wehrt euch gegen die Tortur des aufgeschnittenen und mit Steinen gefüllten Bauches! Es kann einem schlecht werden ab soviel Brutalität an Mensch und Tier. Kinder fasziniert, was uns Erwachsene erschreckt. Die Geisslein Leben noch und die Kinder sind begeistert. Alles Paletti? Grausamkeit ist definiert als „willkürliche, ungerechtfertigte Auferlegung von Schmerzen, Leid oder Tod“.  Märchen polarisieren und rufen die Wächter der Moral auf den Plan. Allerdings nur diejenigen, die Wissen was gut für uns ist. Gewaltorgien, inszeniert von Walt Disney begeistern die Welt. Die Gebrüder Grimm verfassten ihre Märchen ursprünglich für Erwachsene. Heute erzählen wir diese Geschichten unseren Kindern. Es ist ja nur ein Märchen. Der „Jude im Dorn“ und der „Judenstein“ wurden aus politischer Korrektheit entfernt, „Die Weiber zu Weinsperg“ aufgrund erotischer Anspielungen. Die Gutmenschen verhindern so Neurosen bei Kindern.

Interessant ist, dass Kinder- und Hausmärchen in das Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen wurden. Brutalität, physische und psychische Gewalt hin oder her. In der indischen Mythologie ist die Göttin Sita der Inbegriff der treuen, keuschen und reinen Frau. Ihre „Religion“ ist ihr Ehemann. Meine Damen, so etwas würden sie sich nicht im Traum gefallen lassen, behaupte ich als unbedarfter Schreiberling. Gewalttätige Übergriffe an Frauen werden in Indien noch heute toleriert, denn jede Frau muss sich ihrer Strafe stellen, wenn sie Grenzen überschreitet. Derartige Vorkommnisse sind keine Märchen, werden jedoch gelebt. Heute wie auch vor tausend Jahren. Die Verherrlichung der Gewalt wird in unseren Breitengraden vehement bekämpft. Erniedrigende Darstellungen wollen wir nicht akzeptieren. Doch was haben diese jahrtausendealten Geschichten, dass sie selbst im 21. Jahrhundert noch faszinieren? Kinder tauchen gerne ab, in andere Welten. Wir Erwachsene auch! Lassen wird doch dem „Sinterklaas“ seinen „zwarten Piet“ und kümmern wir uns um die wirklichen Probleme auf dieser Welt.

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