Der gemeine Wasserfloh Daphnia magna © Wikimedia
Ein Forschungsteam der Universität Basel hat herausgefunden, dass bei Wasserflöhen die erblich bedingte Resistenz gegen bestimmte Bakterien auf einem ungewöhnlichen Mechanismus beruht. Eine einzige Änderung an einem Gen kann einen Wasserfloh zwar resistent gegen einen Pathogenstamm machen, er verliert aber seine Resistenz gegen einen anderen Stamm. Damit wird eine der Hauptannahmen des Koevolutionsmodels zum ersten Mal empirisch abgesichert.
Welchen evolutionären Vorteil bringt die sexuelle Reproduktion und warum ist genetische Variabilität von Vorteil? Eine weitverbreitete Theorie behauptet, dass die zweigeschlechtliche Vermehrung zu Nachwuchs führt, der aufgrund seiner genetischen Andersartigkeit nicht mehr anfällig auf die vorherrschenden Pathogene sind.
Ein Pathogen ist nur dann fähig einen Wirt zu infizieren, wenn die Resistenzgene im Wirt und die Virulenzgene im Pathogen zusammenpassen – ähnlich einem Schloss und Schlüssel. Durch genetische Rekomination wird das Resistenzgen (das Schloss) verändert und der Nachwuchs wird so resistent gegen die Phatogene, die nun kein passendes Virulenzgen (Schlüssel) mehr besitzt. Solche «matching allele models (MAM)» sind seit langem eine der Kernannahmen von Koevolutionsmodellen, wie sie zum Beispiel zur Erforschung der Evolution von Sex, der Wirts-Parasiten-Koevolution, der lokalen Anpassung und der sexuellen Selektion eingesetzt werden. Bisher fehlte jede empirische Bestätigung für diese Kernannahme.
Durch Paarung Parasiten abwehren
Die kommende Ausgabe von «Current Biology» widmet sich dieser augenscheinlichen Lücke zwischen Theorie und realen biologischen Systemen. Die Autoren um Dr. Pepijn Luijckx, ehemals Doktorand in der Gruppe von Prof. Dieter Ebert an der Universität Basel und heute an der Universität Toronto, konnten zeigen, dass die erblich bedingte Resistenz des Grossen Wasserflohs Daphnia magna gegen das Bakterium Pasteuria ramosa mit der eines MAM übereinstimmt. Die Resistenz gegen zwei Erregerstämme des Parasiten konnte durch das Ändern eines einzigen Resistenzgens des Wirts umgekehrt werden.
Ist der Wirt anfällig auf Erregerstamm A und resistent gegen Stamm B, so wird er durch Abänderung eines Gens resistent gegen A und anfällig für B. Ein Computermodell mit den beobachteten Erbmustern zeigt, dass in einer koevolvierenden Population genetische Variabilität nie verloren gehen kann und dass die sexuelle Vermehrung genetische Vorteile für den Wirt bringt. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass ähnliche Befunde auch für andere Wirts-Pathogen-Systeme zutreffen, mit weitreichenden Implikationen für das Verständnis für Pathogene von Mensch, Tier und Pflanze.
Experimentelle Beweise
Um die Vererbungsmuster zu bestimmen, wurden für die Studie Kreuzungen zwischen Daphnia magna-Linien durchgeführt und die daraus resultierenden Nachkommen auf Resistenz gegen zwei Erregerstämme der Parasitenart Pasteuria ramosa getestet. Insgesamt wurden 822 Nachkommen auf ihre Resistenz gegen zwei Erregerstämme getestet und die Infektionsmuster der Nachkommenschaft mit jenen der Eltern verglichen. Alle Experimente fanden an der Universität Basel und mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds und der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft statt.
Das Daphnia magna-System
Aufgrund dieser empirischen Beweise für das MAM kann nun das Daphnia magna-System eingesetzt werden, um spezifische Vorhersagen des Koevolutionsmodels zu testen. Beispielsweise könnte überprüft werden, ob eine kontinuierliche Koevolution und die genetische Vielfalt tatsächlich, wie vom Simulationsmodell vorgeschlagen, vorteilhaft für den Wirt ist.
Originalbeitrag
Pepijn Luijckx, Harris Fienberg, David Duneau, and Dieter Ebert
A Matching-Allele Model Explains Host Resistance to Parasites
Current Biology (2013) | doi: 10.1016/j.cub.2013.04.064
Quelle: Uni Basel
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