Sensationelle Entdeckung am Schweizer PSI: Mit Hitze 100 mal schneller Daten speichern

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Die PSI-Forscher Loïc Le Guyader (links) und Souliman El Moussaoui justieren den Laser, mit dem die magnetische Probe erhitzt wird.
© Paul Scherrer Institut / M. Fischer

Laserpuls ändert die Magnetisierung von Speichermedien schneller und mit weniger Energie als ein externes Magnetfeld

Ein internationales Forschungsteam hat einen neuen Weg aufgezeigt, um Daten auf magnetischen Medien zu speichern. Dabei verwenden die Forschenden kein externes Magnetfeld, sondern setzten stattdessen einen Hitzepuls ein. Konkret haben sie gezeigt, dass Nord- und Südpol eines Magneten mit Hilfe eines sehr intensiven Hitzepulses – in dem Fall erzeugt durch einen kurzen Laserblitz – vertauscht werden können.

Der Hitzepuls bringt den Magneten zunächst in einen Zustand jenseits des Gleichgewichts (das Bit ist weder „0″ noch „1″), aus dem dieser dann innerhalb von Pikosekunden (1 Pikosekunde = 0,000 000 000 001 Sekunde) in einen definierten Zustand „0″ oder „1″ findet.

Mehrere tausend Gigabyte speichern pro Sekunde

Diese Methode könnte die Speicherung von mehreren Tausend Gigabyte pro Sekunde erlauben. Das Verfahren wäre viele hundert mal schneller als Technologien, die in heutigen Festplatten genutzt werden und hat das Potenzial, deutlich weniger Energie zu verbrauchen.

Die am Projekt beteiligten Forschenden stammen aus Grossbritannien, Spanien, der Schweiz, der Ukraine, Russland, Japan und den Niederlanden. Mit dem Einsatz moderner lithografischer Verfahren und hochmoderner Röntgenmikrokopie haben Forschende des Paul Scherrer Instituts wesentlich zu dem Ergebnis beigetragen. Über ihre Arbeit berichten sie in der Ausgabe des Online-Journals Nature Communications vom 7. Februar 2012.

Die magische magnetische Kraft

Jeder, der die anziehenden und abstossenden Kräfte zwischen Magneten erfahren hat, weiss dass Magnete einen Nord- und einen Südpol haben und dass gleiche Pole einander abstossen während entgegengesetzte Pole einander anziehen. Derartige Magnete, bloss wesentlich kleiner als diejenigen, die wir aus dem Alltag kennen, werden in moderner Speichertechnologie genutzt, wie sie etwa in Computerfestplatten eingesetzt wird. In dieser Technik werden einzelne Bits (die kleinste Informationseinheit, mit nur den zwei Werten „0″ oder „1″) in der Ausrichtung wenige Nanometer grosser Magnete gespeichert. Bislang hat man gedacht, dass man ein externes Magnetfeld braucht, um ein Bit zu speichern, also die Ausrichtung eines solchen Nanomagneten umzukehren. So nutzen moderne Festplattenlaufwerke ein magnetisches Feld von rund einem Tesla (etwa 20’000 mal die Stärke des Erdmagnetfelds), das erlaubt, ein Bit innerhalb einiger Nanosekunden (1 Nanosekunde = 0,000 000 001 Sekunde = 1000 Pikosekunden) zu speichern. Dabei ist es technologisch sehr schwierig grosse Magnetfelder schnell in einem kleinen Bereich zu schalten

Mit Hitze schneller speichern

Indem sie sich die deutlich stärkeren inneren Kräfte des magnetischen Materials zu Nutze machten, konnten die Mitglieder eines multinationalen Forschungsteams nun zeigen, wie man die Ausrichtung der Magnete ändern kann, ohne ein Magnetfeld zu verwenden. Statt eines Magnetfelds haben sie einen Hitzepuls aus einem Laser genutzt. Jeder der Nanomagnete in dem Material besteht selbst aus winzigen elementaren Magneten – den Spins, die durch die so genannte Austauschwechselwirkung miteinander gekoppelt sind. Diese innere Kraft richtet die Spins in einem Material in eine gemeinsame Richtung aus, so dass das ganze Material „magnetisch“ wird. Dabei hatte man bislang immer gedacht, dass Hitze eine solche magnetische Ordnung nur zerstören kann. Nun wurde aber deutlich, dass wenn man das Material mit einem extrem kurzen Laserblitz (0,1 Pikosekunden) aufheizt, der Nanomagnet zwar zunächst aus dem Gleichgewicht gebracht und in einen Zustand versetzt wird, der weder „0″ noch „1″ entspricht. Dann zwingen aber die Kräfte in seinem Inneren, die durch die Austauschwechselwirkung bestimmt werden, den Magneten in einen der beiden Gleichgewichtszustände – „0″ oder „1″. „Dieses Verfahren macht es möglich, Tausende von Gigabytes pro Sekunde zu speichern – das ist viele hundert Mal mehr als mit heutigen Technologien. Und da man auch kein Magnetfeld benötigt, verbraucht man auch weniger Energie“, so Thomas Ostler von der Universität York, der mit Hilfe von Computersimulationen vorausgesagt hat, wie ein Laserblitz auf einen Magneten wirkt und dabei Erstaunliches gezeigt hat.

Lithographie und Röntgenmikroskopie am Paul Scherrer Institut

Experimentell nachgewiesen wurde der Effekt an der Universität Nijmegen mit Hilfe magneto-optischer Mikroskopie an dünnen Schichten und am Paul Scherrer Institut an mikrometergrossen Strukturen, die hier mit einem lithographischen Verfahren im Labor für Mikro und Nanotechnologie hergestellt und anschliessend mit Röntgenmikroskopie an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS untersucht wurden. „Das Synchrotronlicht, das an der SLS erzeugt wird, erlaubt uns, das Verhalten von sehr kleinen Magneten zu verfolgen. Damit konnten wir auch den Einfluss eines kurzen Laserpulses auf einzelne Magnete beobachten“, erklärt Frithjof Nolting, Leiter der Arbeitsgruppe Magnetismus und Mikroskopie am PSI. Die Forschenden sind überzeugt, dass das Verfahren die Grundlage für neue effizientere Speichertechnologien werden könnte.

Beteiligte Institutionen und Förderung

An dem Projekt waren Forschende folgender Institutionen beteiligt: Universität York; Institut für Materialforschung, Madrid, Spanien; Paul Scherrer Institut, Schweiz; Fakultät für Wissenschaft und Technologie, Nihon-Universität, Japan; Institut für Magnetismus, Kiew, Ukraine; Physikalisch-Technisches Ioffe-Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften, Russland; Radboud- Universität Nijmegen, Institut für Moleküle und Materialien, Niederlande

Die Arbeit wurde zum Teil unterstützt von: Niederländische Organisation für wissenschaftliche Forschung, NanoSci-E+ Programm, Stiftung für Grundlagenforschung und Technologie-Stiftung, Niederlande; Russische Stiftung für Grundlagenforschung, Siebtes EU-Rahmenprogramm, das Spanische MICINN-Projekt und Europäischer Forschungsrat im Siebten EU-Rahmenprogramm.

 

Über das PSI

Das Paul Scherrer Institut entwickelt, baut und betreibt grosse und komplexe Forschungsanlagen und stellt sie der nationalen und internationalen Forschungsgemeinde zur Verfügung. Eigene Forschungsschwerpunkte sind Materie und Material, Mensch und Gesundheit, sowie Energie und Umwelt. Mit 1400 Mitarbeitenden und einem Jahresbudget von rund 300 Mio. CHF ist es das grösste Forschungsinstitut der Schweiz.

Quelle: Paul Scherrer Institut
Bild: Paul Scherrer Institut / M. Fischer 

  

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