Bern – Die Schweiz soll politisch und wirtschaftlich unabhängig bleiben. 77 % der stimmberechtigten Schweizer und Schweizerinnen fordern eine möglichst autonome Schweiz. Dies zeigt der Jahresbericht 2011 der Studienreihe «Sicherheit» der Militärakademie an der ETH Zürich und des Center for Security Studies, ETH Zürich.
Seit der erstmaligen Erhebung der Zustimmung zur aussenpolitischen Autonomie im Jahr 1993 war diese noch nie so hoch wie zu Beginn des Jahres 2011. Ungebrochen ist auch die äusserst hohe Unterstützung von 94 % für die Neutralität. Damit einher geht dieses Jahr auch eine weit verbreitete EU-Skepsis, wie sie seit 1993 ebenfalls noch nie gemessen wurde. Eine politische Annäherung an die EU wird nur noch von 37 % der Befragten unterstützt. Im Vergleich zum Vorjahr sind dies 13 Prozentpunkte weniger. Die Akzeptanz eines EU-Beitritts ist ebenfalls drastisch um zwölf Prozentpunkte auf 19 % gesunken.
Zuversicht bezüglich Entwicklung der Schweiz trotz düsterer Entwicklung der weltpolitischen Lage
In den letzten zwanzig Jahren zeigten sich die Schweizerinnen und Schweizer noch nie so sicher und optimistisch in Bezug auf die Schweiz und gleichzeitig so pessimistisch betreffend der internationalen Entwicklung wie zu Beginn dieses Jahres. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich diese unterschiedliche Zukunftserwartung akzentuiert. Der Anteil an Schweizer und Schweizerinnen, die bezüglich der Zukunft der Schweiz zuversichtlich sind, nahm markant um 15 % zu und liegt nun bei 84 %. Mit 11 % beinahe ebenso deutlich zugenommen hat die Auffassung einer düsteren Entwicklung der Lage der Welt. Rund die Hälfte der Stimmbevölkerung teilt diese Wahrnehmung.
Vertrauensverlust in die Gerichte und anhaltende Skepsis gegenüber den politischen Institutionen
Das grösste Vertrauen geniesst immer noch die Polizei mit einem mittleren Vertrauenswert von 7.1 auf einer Skala von 1 bis 10. Danach folgen die Gerichte und die Schweizer Wirtschaft mit je einem mittleren Vertrauenswert von 6.6. An dritter Stelle liegen die Armee (6.3) und der Bundesrat (6.2), an vierter das Parlament (5.9). Am wenigsten wird den politischen Parteien und den Medien vertraut (je 4.9). Im Vergleich zum Vorjahr wird nur der Wirtschaft stärker vertraut. Eine Vertrauenseinbusse hinnehmen müssen die Gerichte, das Parlament und die politischen Parteien. Aktuell wird dem Parlament, dem Bundesrat sowie der Schweizer Armee weniger vertraut als im langjährigen Durchschnitt seit 1993.
Akzeptanzgewinn der Armee bei den 20-29-Jährigen
Die Beziehung der Schweizer und Schweizerinnen zur Armee kann weiterhin als ambivalent umschrieben werden. Die Armee wird als notwendig (79 %) und wichtig (6.3 auf einer Skala von 1 bis 10) erachtet, und insgesamt ist die Stimmbevölkerung mit den Leistungen der Schweizer Armee zufrieden (6 auf einer Skala von 1 bis 10). Trotzdem liegt das Vertrauen in die Armee 2011 immer noch unter dem langjährigen Mittel und die Verteidigungsfähigkeit wird angezweifelt. Nur 43 % glauben an diese. Insgesamt hat sich die Einstellung der Bevölkerung zur Armee innert Jahresfrist kaum verändert. Nur der deutliche Akzeptanzgewinn der Armee bei den 20-29-Jährigen sticht hervor. Unter diesen halten 2011 69 %, das heisst 15 % mehr als im Vorjahr, die Armee für notwendig.
Kein Konsens bezüglich Wehrpflicht
In der Frage des Wehrmodells ist die Stimmbevölkerung gespalten. 47% sprechen sich für die Milizarmee und 43 % für eine Berufsarmee aus. Jedoch will nur eine Minderheit von 37 % die Wehrpflicht abschaffen. Grosse Zustimmung findet der Vorschlag einer allgemeinen Dienstpflicht, wobei Männer zwischen Militärdienst, Zivildienst und Sozialdienst wählen könnten (70 %).
Auslandeinsätze der Schweizer Armee – unbekannt und abnehmende Legitimation
Die Schweizer Stimmbevölkerung weiss über das Ausland-Engagement der Schweizer Armee kaum Bescheid. Am bekanntesten ist der Swisscoy-Einsatz im Kosovo. 33 % der Befragten geben an, mindestens einige Fakten zu kennen; 14 % haben noch nie von diesem gehört. Den Einsatz als Erfolg oder Misserfolg zu bewerten, fällt der Bevölkerung schwer. Klar gegen die Weiterführung der Swisscoy sprechen sich 21 % der Befragten aus, die den Einsatz kennen. Die Legitimation der Entsendung von Schweizer Uno-Friedenstruppen nimmt ab. Nur noch die Hälfte der Schweizer Stimmbevölkerung stimmt diesem Engagement zu.
Die Datenerhebung zur Studie «Sicherheit» fand vom 17. Januar bis 4. Februar 2011 telefonisch bei 1209 Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern in allen Sprachregionen der Schweiz statt. Durchgeführt wurde die Erhebung durch das Forschungsinstitut DemoSCOPE. Der Stichprobenfehler liegt bei ±3 %.
Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport
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