Bern, 12.01.2011 – Der Bundesrat hat heute seinen Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik 2010 verabschiedet, in welchem er eine positive Bilanz der letzten zwölf Monate zieht. Die schweizerische Exportwirtschaft legte im vergangenen Jahr erheblich zu. Dazu beigetragen haben…
…neben der Erholung der Weltwirtschaft die stabilen Rahmenbedingungen der Schweiz, der kontinuierliche Ausbau von internationalen Abkommen sowie Reformen internationaler Institutionen und deren Instrumente.
Das Schwerpunktkapitel des Aussenwirtschaftspolitikberichts 2010 analysiert die Konsequenzen der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 für den Welthandel und die Schweiz. Im Vergleich zu den meisten anderen Industrienationen erlebte die Schweiz eine mildere Rezession und gehört zu den Ländern, welche die Weltkonjunktur während der Krise stützten. Günstig wirkte sich die vorteilhafte Produktspezialisierung der Schweizer Exportwirtschaft aus sowie die überdurchschnittlich robuste Binnennachfrage, welche die Importe stützte. Mit seiner Freihandelspolitik strebt der Bundesrat eine vermehrte Ausrichtung der geographischen Absatzstruktur der Schweizer Exporte auf dynamische Schwellenländer an. Erste wirtschaftspolitische Lehren aus der Krise bestätigen die Bedeutung stabiler makroökonomischer Rahmenbedingungen, der automatischen Stabilisatoren in der Finanzpolitik sowie der Personenfreizügigkeit.
WTO, OECD und IAO
Nachdem die Bestandesaufnahme der Doha-Runde im März zu keinem Durchbruch geführt hatte, wurden in verschiedenen Bereichen technische Verhandlungen weitergeführt. Ob Fortschritte im kommenden Jahr möglich sein werden, hängt davon ab, wieweit der an der G20-Tagung der Staats- und Regierungschefs im November vermittelte politische Impuls in konkrete Ergebnisse umgesetzt werden kann. Herausragende Ereignisse in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) waren die Aufnahme von vier neuen Mitgliedern (Chile, Estland, Israel und Slowenien) und die Annahme des Schlussberichts zur Innovationsstrategie durch die Minister. In der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) kandidiert die Schweiz für einen Sitz im Verwaltungsrat für 2011 bis 2014, insbesondere mit dem Ziel, sich für eine verbesserte Kohärenz innerhalb der Organisation und verstärkte Zusammenarbeit mit anderen internationalen Organisationen einzusetzen.
Beziehungen zur EU
Der Bundesrat beschloss an seiner Klausur im August, die Beziehung zur Europäischen Union (EU) im Rahmen von sektoriellen bilateralen Abkommen weiterzuführen. Mit der Paraphierung des Abkommens zum Schutz von Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel konnte ein wichtiges Dossier abgeschlossen werden. Die Unterzeichnung des Bildungsabkommens ermöglicht es der Schweiz, ab 2011 an den entsprechenden EU-Programmen teilzunehmen. Im Berichtsjahr hat die EU im Zusammenhang mit dem bilateralen Weg eine Reihe institutioneller Fragen aufgeworfen, zu deren Klärung eine informelle bilaterale Expertengruppe eingesetzt wurde. Die Verhandlungen im Agrar-, Lebensmittelsicherheits-, Produktesicherheits- und Gesundheitsbereich sowie im Elektrizitätsbereich wurden fortgesetzt, stiessen jedoch – wie auch die exploratorischen Gespräche zur Chemikalienzusammenarbeit (REACH) – aufgrund der institutionellen Fragen auf Hindernisse. Die in der EU-Währungsunion drohende Krise hat vor allem wegen des erstarkten Schweizerfrankens Auswirkungen auf die schweizerische Exportwirtschaft.
Freihandelsabkommen
Die Schweiz hat mit China eine gemeinsame Machbarkeitsstudie über ein bilaterales Freihandelsabkommen abgeschlossen, entsprechende Verhandlungen sollen Anfang 2011 beginnen. Freihandelsabkommen im Rahmen der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) wurden mit Peru und der Ukraine unterzeichnet und traten mit Albanien und Serbien in Kraft. Die EFTA-Verhandlungen mit Indien und mit Hong Kong wurden fortgesetzt und weitere sollen im kommenden Jahr aufgenommen werden (Zollunion Russland-Belarus-Kasachstan, Indonesien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro). Mit Vietnam wurde eine Machbarkeitsstudie über ein mögliches EFTA-Freihandelsabkommen begonnen.
Internationales Finanzsystem
Im Zentrum der Arbeiten des Internationalen Währungsfonds (IWF) und des Financial Stability Board (FSB) stand die Weiterführung der Reformagenda zur Stärkung des internationalen Finanzsystems. Dazu gehören eine verstärkte Aufsicht in Bezug auf systemische Finanzmarktrisiken und die Anpassung der Instrumente zur Vergabe von Krediten des IWF. Das Volumen der Kreditverpflichtungen erreichte einen neuen Höchststand. Gleichzeitig wurde eine IWF-Gouvernanz-Diskussion zum Abschluss gebracht, die eine deutliche Verschiebung von Stimmgewichten zugunsten der Schwellenländer vorsieht. Die Schweiz beteiligt sich aktiv an den Überwachungsarbeiten des FSB zur Einhaltung internationaler Standards im Rahmen von peer reviews und von thematischen Überprüfungen sowie hinsichtlich der Erfüllung dieser Standards durch Drittstaaten. Der Informationsaustausch in Steuersachen gemäss OECD-Standard wurde in zahlreiche bestehende und neue Doppelbesteuerungsabkommen aufgenommen.