Bern, 22.10.2010 – Rede von Moritz Leuenberger anlässlich der Eröffnung der Miniautobahn Weinland. 22. Oktober 2010: „Dies ist die letzte Autobahn (- die ich eröffne). Was wurde ich doch während der letzten Jahre immer wieder gefragt, warum ich so lange im Amt bleibe: Wegen Cancun? Wegen dem Durchstich am Gotthard? Nein, ich wollte nochmals ins Zürcher Weinland kommen. Nicht wegen dem Tiefenlager. Es gibt andere und bessere Gründe. In meinem ersten Präsidialjahr organsierte ich das Schulreisli des Bundesrates hierher. Erste Station war Dachsen. In meinem zweiten Präsidialjahr liess ich dem norwegischen Königspaar Wein aus Truttikon servieren. Alle Norweger waren begeistert und tranken so kräftig, bis sie unsere Nationalhymne zu singen begannen. Als Doris Leuthard jetzt nach Oslo ging, konnten sie sie immer noch auswendig.
Aber ich habe auch andere Erinnerungen an das Weinland: Hier weihte ich meine erste Brücke ein, nämlich die Holzbrücke in Kleinandelfingen als Regierungsrat und hier weihte ich die erste Autobahnabschnitt ein als Bundesrat. Sie lag 13 Kilometer von hier entfernt und war, ehrlich gesagt, etwas gar schmal. Ich habe also klein angefangen. Doch in der Zwischenzeit habe ich 250 km Nationalstrassen und 82 Autobahntunnel eröffnet (dazu kommen noch die Eisenbahntunnel).
Auch im Feiern habe ich gelernt. Ich kann mich gut erinnern an die Einweihung des Teilstückes der N4:
Zunächst wollte ich mich weigern, Band mit einer Schere zu durchschneiden. Es folgten gütige Ermahnungen von Hans Hofmann und ich habe leicht säuerlich nachgegeben. Das war meine erste Lektion gegen prüden Purismus, den ich im Laufe der folgenden Jahre ablegte.
Heute schnüffle ich hemmungslos an Auspuffen, verküsse alt Bundesräte und kürzlich habe ich auf einem Foto sogar gelacht.
Die Zeiten ändern sich und wir verändern uns in ihnen.
Auch die Autobahnen haben sich geändert. Im Sinne der Nachhaltigkeit werden heute Umwelt, Sicherheit, Lärmschutz, Landschaftsverschleiss sehr viel mehr berücksichtigt als früher.
Ein erstes Projekt ist ja nach der Abstimmung von 1996 gescheitert und Sie haben sich stark gegen eine Autobahn gewehrt. Der Landverschleiss erschien Ihnen zu gross. Hans Hoffmann hat eine politische Kompromisslösung gefunden, nämlich die Miniautobahn – ohne Pannenstreifen, aber mit Ausstellbuchten – mehr Autostrasse als Autobahn. (So konnten ja auch viele Brücken weiter benutzt werden.)
Die A4 wurde so saniert, dass die Umwelt möglichst wenig belastet wird. 1/8 der Bausumme wurde für ökologische Massnahmen verwendet. Baumaschinen mit Partikelfilter und Biodiesel.Das Abwasser der Strasse wird neu gesammelt und gereinigt, bevor es in die Bäche fliesst(diese wurden während der Bauzeit renaturiert).Für Wildtiere wurden Über- und Unterführungen errichtet, damit die Streifzüge von Fuchs und Hase nicht mehr an der Leitplanke enden. Aber ein Biber im Abischbach bei Marthalen ist offenbar an diesen ökologischen Auflagen gar nicht interessiert. Er fühlt sich pudelwohl im Abischbach und hat schon einige Male versucht, die neue Miniautobahn zu unterhöhlen. Wir werden ihn nun in den Verkehrsunterricht schicken.Ressourcen wurden möglichst geschont: Das alte Belagsmaterial der A4 wurde abgerissen, aufgewertet und für die Miniautobahn wieder verwendet. Vor 15 Jahren wäre der alte Belag in einer Deponie gelandet.
Auch die Sicherheit wurde verbessert:
Die N4 hat eine tragische Vergangenheit. Viele schwere Unfälle mit zahlreichen Todesopfern machten sie zur verhassten, gar gefürchteten ,Todesstrecke“.
Nun hat es richtungsgetrennte Spuren mit einem breiten Mittelstreifen, damit Frontalkollisionen vermieden werden können.
Doch: die absolut ideale und sichere Strasse wird es nie geben.
Ich bin deswegen sehr froh, dass ich nach der Einführung von 0,5%o und der Zweiphasenausbildung vorgestern auch das Programm Via Sicura durch den Bundesrat verabschieden konnte.
Und so hoffe ich, auch die N4 sei eine via sicura und freue mich wieder ins Weinland zu kommen, denn ich werde nie vergessen:
Hier habe ich meine letzte Autobahn eingeweiht.“