Claude Lachat – „Schweisstreibend“ – Kolumne des Baselbieter Schriftstellers


Die HappyTimes-Kolumne des Baselbieter Schriftstellers Claude Lachat.

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Schweisstreibend

Was war das für eine Hitze diesen Sommer! Was habe ich geschwitzt, so wie viele Menschen. Auch meine Freunde, meine Geschäftspartner und all jene die ich nicht mag, schwitzen was das Zeugs hält. Am Rücken, an den Füssen, unter den Armen und an den Händen wird es nass und unangenehm feucht. Die flutschigen Händchen reichen sie mir dann jeweils, kurz am Hosenboden abgewischt zur Begrüssung. Ein nasses Abklatschen, sozusagen. Augenblick, ich schüttle mich gerade und suche verdächtige Ringe unter den Armen. In diesen Momenten überlege ich, ob ich mir und meinen freundlichen Mitschwitzern nicht lieber einen Eiswürfel an die Nase drücke und die Umarmung wie ein Eskimo zelebriere. Das wäre cool.

Apropos Nase. Sitze ich doch mit am Rücken geklebtem Hemd im Bus und lasse mich von dessen Klimaanlage einfrieren, da entdecke ich einen Bekannten, mit welchem ich nicht bekannt sein möchte. Schon gar nicht in dieser Hitze. Stattdessen beobachte ich, wie sich dieser genüsslich seinen Zeigefinger in die rote Nase bohrt. Mich wundert diese Schamlosigkeit. Noch mehr wundert mich jedoch, wie weit so ein Finger in diesem Loch verschwinden kann. Fasziniert und gleichzeitig angewidert kleben meine Augen an diesem popeligen Schauspiel bis zu dem Moment, als mich der Besitzer des Fingers im dunklen Loch erblickt. Mit einem abgeschmackten Grinsen im schweissnassen Gesicht und demonstrativ ausgestreckter Hand kommt dieser salzproduzierende nasse Sack zum Schweissaustausch auf mich zu. Es ist die Hand mit dem Popel. Nicht ohne vorher mit gespreizten Fingern durch seine Haare zu fahren. War das jetzt Gel oder Schweiss, was da auf dem Schädel glänzte? Panik macht sich breit. Kein Fluchtweg weit und breit in Sicht. Jetzt klebt auch meine Hose. Weil ich auch da schwitze. Sie ahnen, was kommt.

An der nächsten Haltestelle will, was rede ich, muss ich raus! Ausbalanciert versuche ich stehend wie ein Akrobat, mich nicht an die Haltestangen zu klammern. Wegen der vielen Finger die vor mir dran waren. Die polierten Rohre beobachten mich. Sie blinken und scheinen mich zu hypnotisieren. Fass mich an! Jede Kurve wird zum Seiltanz. Innerlich jubelnd zwinkere ich meinem Spiegelbild in der glänzenden Stange zu. Nein, du bekommst mich nicht! Nie und nimmer werde ich dich umarmen! Die erlösende Haltestelle ist in Sicht. Es gelingt mir mich auf den Beinen zu halten, bis der Bus stark abbremst. Wahrscheinlich tropfte einem schwitzenden Fussgänger der Schweiss in die Augen und hat er hat den Bus nur noch durch einen feuchten Vorhang wahrgenommen. Zu spät allerdings. Ich verliere das innere und äussere Gleichgewicht und halte mich reflexartig mit beiden Händen an der Stange fest, damit es mich nicht der Länge nach auf die Nase haut. Wie in einem schlechten Film rutscht meine linke Backe mit einem leisen Quietschen meinen Händen nach. Dicht an die Stange gepresst. Das Mutterschiff aller Bazillen hat mich fest im Griff.

Ich freue mich auf den Winter! Dann ist es kalt und alle tragen Handschuhe. Ausser Denjenigen, die sich dann erkälten. Und niessen. Auch im Bus. Gesundheit!

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