Claude Lachat – Kolumne des Baselbieter Schriftstellers: „Reservé“


Die HappyTimes-Kolumne des Baselbieter Schriftstellers Claude Lachat.

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Reservé

Früh am Morgen um sieben ist bereits alles vorbei. Die Sonne scheint, es wird ein herrlicher Tag. Es ist zum heulen. Ich habe noch nicht gefrühstückt und schon soll dieser Tag Geschichte sein? Da ist dieses Paar, das sich den lieben langen Tag anschweigt. Ich höre es genau. Dennoch, Herr und Frau Schweigsam waren vor mir da! Selbst dieser gebückt schlurfende Herr mit einem Blick wie wenn er sich von der Klippe stürzen wollte, hat es vor mir geschafft. Unglaublich! Deshalb nimmt es Herr Schlufi so gemütlich, wenn er jede Stunde mit einem neuen Drink daher watschelt. Gebückt! Ohne mich anzusehen! Und ich? Herrgott nochmal, ich bin zu spät!

Ich sollte relaxen und es nehmen wie es kommt. Es kommt aber nicht so wie ich es will! Die Sonne blendet und ich beobachte die blonde Domina, wie sie grinsend an mir vorbeizieht. Er schafft es wieder nicht, scheint die strenge Blondine mit der herrischen Stimme hinter der dunklen Brille zu summen. Sie schwenkt fröhlich ihre Badetasche und freut sich auf ihr wohlverdientes Frühstück. Sie hat es sich verdient! Ich komme mir vor wie der Letzte den die Hunde beissen. Bloss, mich beissen keine Hunde! Diese liegen faul im Schatten und mir verbrennt es die Glatze!

Heute werde ich es tun! Ich werde früh ins Bett gehen, früh aufstehen und Herrn und Frau Schweigsam, Schlufi und der Domina im blauen Bikini ins Gesicht grinsen. Ich werde der Erste sein und es mir nicht nehmen lassen, mein Revier zu markieren! Nervös und noch gar nicht müde zwinge ich mich dann ins Bett, wenn das Hände-hoch-Wochenende-Partyvolk zu feiern beginnt. Sie tanzen hemmungslos und wiegen sich im Rhythmus der extrem lauten Musik. Ich kann nicht schlafen und wälze mich wie ein gestrandeter Wal auf den Bettfedern, die mich von einer Ecke in die Andere des Betts schaukeln. Mittlerweile ist es spät in der Nacht und der Partylärm scheint nicht enden zu wollen. Ich vertreibe mir die Zeit mit aggressiven Moskitos, die mich auch nicht schlafen lassen. Endlich! Ich habe es geschafft! Völlig gestresst übermannt mich der Schlaf und lässt mich davon träumen, als Erster da zu sein. Als Erster!

Natürlich bin ich es wieder nicht! Weil die Besatzer lange gefeiert und getrunken haben. Weil die Frühaufsteher, wie auch immer die es anstellen, vor mir aus den Federn gesprungen sind, oder es gar nicht erst ins Bett geschafft haben. Wahrscheinlich sind sie grölend mit ihren Badetüchern direkt zum Strand gezogen und haben sämtliche Liegestühle unter den Schirmen besetzt! So wie ich es verabscheue, so wie ich es auch tun wollte. Jeden Morgen schafft es die schmerzfreie Ferienmeute, ihre Badetücher um die Liegen zu wickeln nur um danach eine Mütze Schlaf nachzuholen und anschliessend ausgeschlafen zu frühstücken. Während dieser Zeit verbrennt es mir den Schädel, weil ich keinen Platz im Schatten ergattern konnte. Reservé!

Ich mag diese besetzten Liegen nicht auf denen keiner liegt. Aber, ich bin der Erste! Der erste krebsrote Urlauber ohne Liege, dafür mit Blick auf Schatten.

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