Die HappyTimes-Kolumne des Baselbieter Schriftstellers Claude Lachat.
Krank sei Dank!
Da ruft mich doch der Stefan Volker an und erklärt mir in breitem Balkandialekt, wieso ich die Krankenkasse wechseln soll. Ein Landsmann aus einem mir noch unbekannten Teil der Schweiz? Ich könne dabei sage und schreibe, wiederholt er sich viermal, weil ich ihn nicht verstehe, viel Geld sparen. Verstehst Du? Alleine die Kohle welche ich für Tabak ausgebe, könne sich rentieren. Ich müsse nur nicht rauchen und zum Beweis einen Tabakkrümeltest beim Arzt, welcher mir die Kasse vorschreibt, abgeben.
Selbstverständlich kann ich das auch zu Fuss, das mit dem Fötzel abgeben. In diesem Falle kontrolliert der Versicherer den mit der Kasse verlinkten Schrittzähler an meinem vorgängig vom Spezialisten untersuchten Oberschenkel, ob mein Muskel dieser Belastung standhält. Den Schrittzähler gäbe es grad im Angebot. Selbstverständlich steht es mir frei, einen Routenplan zu mailen, auf welchem die Kasse alle Beizen registriert, die auf meinem Weg liegen. Nicht dass ich noch ein Blondes mit auf den Weg nähme. Für jedes nicht getrunkene Bier erhalte ich zur Belohnung einen Bier-, beziehungsweise einen Bonuspunkt. Ab hundert Punkten reduziert sich mein Beitrag bereits nach fünf Jahren (!) Kassenzugehörigkeit um jenen Prozentsatz, der sich aus der Menge Schritte und Gemüse pro Regentag errechnet. Natürlich nur, wenn ich das Rüebli-Büebli-Paket gebucht habe, für das ich mich zehn Jahre verpflichte. Wir wollen doch gesunde Kühe melken. Das Belastungs-EKG für die Aufnahme in meine neue Kasse ist kostenlos, versichert mir Stefonovic Volkovic. Einzig den Ausdruck, die Erklärung und die Ratschläge der Spezialisten, welche extra für mich bereitgestellt werden, würden mir in Rechnung gestellt. Sonst nichts! Ehrlich! Einen Makel hat die Geschichte. Das Aufnahmeprozedere findet in Zürich in einer Partnerklinik des Hausarztverbandes aller Kantone, ausser ausgerechnet meinem, statt. Reisespesen können natürlich nicht geltend gemacht werden. Ich würde ja so oder so profitieren. Ich bin begeistert und fühle mich auf einen Schlag jung und vital, obwohl mir einiges gspässig vorkommt. Sie müssen sich nicht jetzt entscheiden. Zur Sicherheit und aus Qualitätsgründen würde dieses Gespräch allerdings aufgezeichnet. Wenn Sie dieses Angebot nicht möchten, können Sie gleich den Rücktrittstext wiederholen, den ich Ihnen vorlesen werde und zwar bevor dieses Gespräch beendet ist. Ich hole tief Luft damit ich die paar Sätze ohne Gestammel über die Bühne bringe. Mit hochrotem Grind und aufgeblasenen Backen warte ich auf den Text, denn ich traue der Sache nicht. Verlegen schiebe ich das Bier zur Seite und drücke den Stumpen aus. «Hallo?» Irgendetwas stimmt mit meinem Telefonabonnement nicht. Die Leitung ist tot. Gott sei Dank hat mir der Metzger das Kottelet in einen Werbeprospekt gewickelt. Da gib es Flatrate-Angebote, da haut es dich glatt vom Medizinball der meine Rückenmuskulatur misst. Ein Geschenk meiner Kasse für 1000 gesammelte Punkte. Noch 500 und ich erhalte die Pumpe dazu.